Beratung Handlungsempfehlungen

Wirkung und Nutzung innerörtlicher Blühflächen – Partnerveranstaltung von Heimvolkshochschule und Blühstreifenverein

Das Interesse an dem Nachmittagsrundgang war groß: der bereitgestellte mittelgroße Reisebus reichte nicht aus, um alle Interessierten zu den ausgewählten Blühflächen in der Umgebung von Beelitz zu fahren, so dass auch noch ein PKW zum Einsatz kam. Vertreten waren Bürgermeister und Ortsvorsteher, Mitarbeiter aus Bau- und Naturschutzverwaltungen sowie private Interessierte. Die Veranstaltung war von der Heimvolkshochschule am Seddiner See und dem Verein Blühstreifen Beelitz organisiert worden. Der Verein setzt sich seit einigen Jahren für das Thema Blühstreifen und Artenvielfalt ein und hat bereits zahlreiche Landwirte und private Akteure dafür gewinnen können.
Ziel war es, über die Wirkung und den Nutzen innerörtlicher Blühflächen für die Insektenwelt und die Artenvielfalt in Flora und Fauna zu informieren. Gemeinhin denkt man vor allem an großflächige Blühstreifen am Rand von Ackerflächen. Doch auch innerhalb des Dorfs können Blühflächen angelegt werden und haben ihren Wert. Die Gemeinde kann im Straßenraum tätig werden, Hausbewohner im Garten und auf den Flächen rund ums Haus.

Nach einer Einführung in das Thema (Vortrag) an der Heimvolkshochschule führten Kerstin und Lutz Pahl die Gruppe mit fundierter Sachkenntnis und zahlreichen Erfahrungswerten aus der Praxis durch den Nachmittag. Bodenbearbeitung vor der Aussaat, Pflege und Bewirtschaftung, Saatgutauswahl und die Kommunikation mit Nachbarn und Öffentlichkeit wurden erläutert und viele praktische Hinweise gegeben.

Die besichtigten Flächen liegen in privaten Gärten. Von den Gartenbesitzern, mit denen zum Teil Gespräche vor Ort möglich waren, konnten die Teilnehmer/innen erfahren, dass sie durchweg positive Erfahrungen gemacht hatten und es, entgegen mancher Vermutung,
bisher keine Probleme mit den Nachbarn gab, die sich beispielsweise durch Pollenflug der Wildpflanzen gestört fühlen. Das Engagement für die Natur und Umwelt, dazu eine rege Neugier und Freude an dem, was sich unerwartet und ohne eigenen Einfluss auf den Wildpflanzenflächen entwickelt, zeichnen die privaten Akteure aus. Die Flächen sind allesamt in den Gärten angelegt, neben Rasenflächen und Staudenbeeten. In einem der Gärten hat sich ein bis zu 2 Meter hohes Wildpflanzenfeld entwickelt, dort ist eine gute Wasserversorgung der Pflanzen vorhanden. Der Besitzer hat Wege hineingemäht, auf denen man die Fläche nun auch innen begehen und viele ansonsten verborgene Pflanzen und Insekten entdecken kann. Zusätzlich wird dadurch eine zweite Blüte vieler Wildpflanzen erreicht und man kann die unterschiedlichen Vegetationsphasen sehen und nachvollziehen. Damit eignet sich eine solche Fläche auch für Besichtigungen und Umweltbildung.

Eine wesentliche Erkenntnis für die positive Wahrnehmung der Blühflächen ist, dass diese als gewollt und werthaltig erkennbar sein müssen. Dazu ist erstens eine Beschilderung im öffentlichen Raum sinnvoll, die den Nutzen heimischer Wildpflanzen für die Insektenwelt und deren Bedeutung in der Nahrungskette von Mensch und Tier erklärt. Als Partner des Blühstreifen Beelitz e.V. können Anleger von Blühflächen auch dort Schilder erhalten. Damit wird zudem deutlich, dass es sich nicht um eine einzelne Aktion, sondern ein fundiertes Vorhaben im Rahmen einer größeren Initiative handelt. Es erweist sich außerdem als äußerst sinnvoll, die Wildpflanzenflächen deutlich sichtbar von den anderen Garten- und Grünbereichen abzugrenzen, also nicht fließend übergehend, sondern zum Beispiel mit einer Hecke oder anderen Einfassung. Sie kommen dann besser zur Geltung, und es wird der Eindruck vermieden, dieser Bereich sei einfach verwildert oder nicht gepflegt. Ein solcher Eindruck kann, so berichteten einige der Teilnehmer/innen, insbesondere im Straßenraum dazu führen, dass sich Bewohner über mangelnde Pflege bei der Gemeinde beschweren oder sich sogar Unrat auf diesen Grünflächen ansammelt. Denn Wildpflanzenflächen sehen im Jahresverlauf und auch von Jahr zu Jahr unterschiedlich aus und entsprechen nicht jedermanns Bild von einer gepflegten Grünfläche. Heimische Wildpflanzen werden meist als unerwünschtes Unkraut wahrgenommen und aus intensiv gepflegten Flächen entfernt. Die Geschmäcker sind bekanntlich verschieden, doch beim Nachmittagsrundgang Anfang September 2018 waren auch die vorher skeptischen Teilnehmenden von den besichtigten Blühflächen sehr angetan.

Für Kommunen lohnt sich ein Preisvergleich: vor der Anlage einer Blühfläche mit Wildpflanzen muss der Boden vorbereitet werden, danach kommt die Fläche mit sehr wenig Pflege,
seltener Mahd und fast ohne Bewässerung aus. Manchmal ist es sogar ausreichend, die Fläche ruhen zu lassen und die ungestörte Entwicklung zu beobachten, die zuweilen zu einem guten Blühergebnis führt, weil sich noch genügend Samen von heimischen Wildpflanzen im Boden befinden. Gegenüber beispielsweise einer intensiv gepflegten Rasenfläche kann dies zu deutlichen Kosteneinsparungen führen. Da die Kosten für die Bewirtschaftung regional unterschiedlich sind und davon abhängen, wie die Fläche bisher genutzt wird, sollte hier aber genau gerechnet werden, wenn die Kosten ein wesentliches Argument für die Wildpflanzeneinsaat sind. Vor allem punkten die Vertreter von Dorf und Gemeinde jedoch mit ihrer Vorbildfunktion: sie können den Auftakt geben und einen Impuls setzen, indem Blühflächen im Ort sichtbar und zum Gespräch werden. Die Diskussion um Artenvielfalt, Natur und Umwelt kann angestoßen, Bildungsangebote, Projekte in Schule und Kita können organisiert werden. Es gibt außerdem erste Beispiele, bei denen Dörfer ihre Identität und ihr eigenes Profil mit Wildpflanzen entwickelt haben, wie im Amt Lebus, wo alljährlich Frühjahrswanderungen an den Oderbergen zu den Adonisröschen für Einheimische und Gäste angeboten werden.

So können innerörtliche Blühflächen zum Dialog und zur Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger im Ort führen, das Ortsbild verbessern, das Profil des Dorfs oder der Gemeinde schärfen und es attraktiver machen und gleichzeitig einen eigenen Beitrag zu Artenvielfalt in Flora und Fauna leisten.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert